Krafttraining im Alter spielt eine entscheidende Rolle für die Mobilität und Lebensqualität älterer Menschen. Ob beim Treppensteigen, Einkäufe tragen oder Aufstehen aus dem Bett – Muskelkraft ist im Alltag unerlässlich. Doch ab dem 50. Lebensjahr verlieren Menschen durchschnittlich ein bis zwei Prozent ihrer Muskelmasse pro Jahr, was zu einem deutlichen Kraftverlust führt. Wie eine aktuelle Langzeitstudie zeigt, reicht leichtes Training nicht aus, um diesen Abbau zu verhindern.
Krafttraining als Schlüssel zur Mobilität
Um dem Verlust von Muskelmasse entgegenzuwirken, wird älteren Personen oft zu Krafttraining geraten. Eine laufende Studie der Universität Kopenhagen unter der Leitung des Neurowissenschaftlers Carl-Johan Boraxbekk, veröffentlicht im Fachjournal „BMJ Open Sport & Exercise Medicine“, untersucht die langfristigen Effekte verschiedener Trainingsmethoden bei Menschen über 65 Jahren. Die Ergebnisse der Studie „Live Active Successful Ageing“ (LISA) liefern neue Erkenntnisse darüber, welche Art von Training wirklich effektiv ist.
Die Studie im Detail
In der LISA-Studie wurden über 450 körperlich aktive Senioren kurz nach ihrem Arbeitsleben rekrutiert. Diese Teilnehmer, die keine Erfahrung mit Krafttraining hatten, wurden in drei Gruppen aufgeteilt:
- Schweres Gewichtstraining: Dreimal wöchentlich unter professioneller Anleitung.
- Mittelstarkes Zirkeltraining: Dreimal wöchentlich mit eigenem Körpergewicht und Therabändern.
- Gewohnte Fitnessroutine: Keine spezifische Trainingsvorgabe.
Nach einem Gesundheitsscreening, das Knochendichte, Beinmuskelstärke und Körperfettanteil maß, startete die einjährige Trainingsphase.
Langfristige Ergebnisse
Vier Jahre nach Beginn der Studie, als die Teilnehmer im Schnitt 71 Jahre alt waren, zeigte sich ein deutlicher Unterschied in der Muskelkraft der Gruppen. Alle Teilnehmer blieben körperlich aktiv und legten täglich etwa 10.000 Schritte zurück. Jedoch konnten nur jene, die mit schweren Gewichten trainiert hatten, ihre Beinmuskelkraft langfristig erhalten. Drei Jahre nach Beendigung des intensiven Trainings war ihre Muskelkraft noch auf dem Niveau zu Studienbeginn. Die beiden anderen Gruppen verzeichneten hingegen einen signifikanten Kraftverlust.
Interessanterweise nahm die Muskelmasse in den Beinen bei allen Gruppen ab. Auch die Beinstreckerkraft und die Stärke des Händedrucks, Indikatoren für die Gesamtkraft, reduzierten sich in allen Gruppen. Die Forscher führen die Erhaltung der Muskelkraft trotz reduzierter Muskelmasse auf neuromuskuläre Effekte zurück. Intensive Kraftanstrengungen erhöhen die Bildung von Acetylcholin, einem Neurotransmitter, der willkürliche Muskelkontraktionen und damit die Kraftausübung unterstützt.
Bedeutung für die Zukunft
„Ältere Menschen sollten ihrer körperlichen und kognitiven Gesundheit zuliebe zu Krafttraining mit schweren Gewichten ermutigt werden“, erklärt Mads Bloch-Ibenfeldt, Erstautor der Studie. Diese Empfehlung richtet sich nicht nur an Individuen, sondern auch an die Politik. Krafttraining sollte in staatliche Gesundheitsvorsorgeprogramme aufgenommen werden, um die Mobilität und Lebensqualität älterer Menschen langfristig zu sichern.
Die LISA-Studie wird in drei Jahren weitere Zwischenergebnisse liefern, bevor sie nach insgesamt zehn Jahren abgeschlossen wird. Doch schon jetzt ist klar: Nur intensives Krafttraining kann die Muskelkraft im Alter effektiv erhalten.